Was mich mich begeistert hat,
war der Erfindungsreichtum, mit dem die Frauen von El Pozo auf die Erschwernisse ihrer Arbeit in der gegenwärtigen Pandemie reagiert haben. Persönliche Begegnungen waren außerordentlich schwierig, weshalb die Frauen auf die elektronischen Medien zurückgegriffen haben, also Telefon, Textnachrichten, soziale Netzwerke und vor allem Videokonferenzen – u.a. auch über eine virtuelle Plattform der Kommission zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Schleusung von Migranten, in der El Pozo vertreten ist.
Das Stichwort „Migranten“
lässt erahnen, dass Flüchtlinge aus Venezuela, die in Peru Zuflucht suchen, besonders anfällig sind für die Praktiken der Menschenhändler, die El Pozo bekämpft. Dies spielt auch eine Rolle für eine andere Kommission, in der El Pozo mitarbeitet, einer Kommission in Comas zum Schutz der Rechte von Kindern und Jugendlichen der Gemeinde Comas. (Comas ist ein Stadtteil in Lima mit über 500 000 Einwohnern und einem hohen Anteil an Migranten.)
Aber vor allem ging es um die Unterstützung einer Selbsthilfegruppe
mittels der elektronischen Medien, also Telefon, Videokonferenzen usw. Insgesamt konnte dabei in fast 300 Einzelgesprächen in sozialer, juristischer und psychologischer Hinsicht Hilfe geleistet werden. Bei der psychologischen Hilfe ging es beispielsweise um Eheprobleme, Depressionen, Angstzustände und Verhaltensprobleme bei Kindern und Jugendlichen. In den juristischen Beratungen gab es u.a. Fragen zur Inhaftierung von Kindern. In den Video-Konferenzen war das Ziel, Veränderungen zu verstärken, die notwendig sind, „um sich neu zu erfinden und zu leben.“ Ein Gandhi-Zitat stand dabei im Mittelpunkt: Die Zukunft hängt davon ab, was du heute tust.
Besonders stolz
sind die Frauen von El Pozo auch auf ihre Beteiligung an einem neuen Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Schleusung von Migranten. Künftig soll dies auch als Delikt gegen die Menschenwürde geahndet werden.
Eine Einzelheit aus den Gesprächen
mit der erwähnten Selbsthilfegruppe möchte ich Ihnen noch berichten: „El Pozo“ heißt auf Deutsch „der Brunnen“ und bezieht sich auf das Johannesevangelium, wonach sich Jesus an einem Brunnen Wasser von einer fragwürdigen Frau reichen ließ und damit gegen die herrschenden Konventionen verstieß. Die Frauen von El Pozo interpretieren dies auf ihre Weise: Jesus wendet sich gegen das diskriminierende System jener Zeit und El Pozo bekämpft die Diskriminierung der Frauen in der peruanischen Macho-Gesellschaft.
Illustriert war der Bericht von El Pozo mit zahlreichen Screenshots aus den Videokonferenzen. Diese können wir aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes jedoch nicht veröffentlichen.
Harald Binder, Projektpate